Die Lieder aus Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ handeln vom Gefühl des Allein-in-der-Welt-Seins, von existentieller Unsicherheit und Isolation, vom ewigen Suchen. In dem Zusammenspiel zwischen Verzweiflung im Text und Trost durch die Schönheit in der Musik offenbart sich etwas zutiefst emotional Menschliches.
Un-Label kreiert ein mixed-abled Musiktheater aus dem Material der „Winterreise“ von 1827. Die Performer:innen verwandeln die Bühne in ein Labor, experimentieren mit Wahrnehmungsperspektiven wie „Hören“ und „Sprache“ und binden diese in den kreativen Prozess ein.
Nils Rottgardt (künstlerischer Leitung Un-Label) im Gespräch mit Ines Langel (Orangerie Theater)
Die Winterreise ist ein Stück aus der Romantik, es geht um Liebe und Schmerz und im Grunde begleiten wir einen Wanderer, der von der Liebe enttäuscht wurde, durch die kalte Winternacht. Ist das auch das Hauptmotiv eures Stücks oder gibt es eine eigene Interpretation der Lieder, die ihr auf der Bühne zeigen werdet?
„Unter dieser romantischen Geschichte liegen ja eigentlich Themen, die sowohl für das 19. Jahrhundert gelten aber grundsätzlich universell sind: Allein-mit-sich-selbst-Sein, Isolation, Einsamkeit. Die Regisseurin Friederike Blum hat das textliche und musikalische Material der „Winterreise“ als eine Art Steinbruch genutzt, um daran mit den vier Performer*innen zu arbeiten als Grundlage, um Wege aus deren Perspektiven zu gehen. „
Die Winterreise ist ein Liederzyklus, der insgesamt 24 Lieder beinhaltet. Werden wir alle Lieder an dem Abend hören?
„Die 24 Lieder der „Winterreise“ sind die Grundlage der Inszenierung. Sie werden nie eins zu eins gespielt; sie werden teilweise gelesen, performt, sie werden übersetzt in Leichte Sprache. Es sind Teile hinzugefügt worden, Teile weggenommen worden. Also ja, es werden alle 24 Lieder da sein, aber gleichzeitig noch viel mehr und auch weniger. „
Ihr sagt, es handelt sich um Musiktheater, wie setzt ihr die Musik theatral um?„
Die Regisseurin Friederike Blum hat das Material der „Winterreise“ eigentlich auf die persönlichen Geschichten der Performer*innen prallen lassen. Dadurch sind neue Geschichten und Erzählungen entstanden, die eingebettet sind in diesen Abend. Wir arbeiten mit Mitteln wie Projektionen, mit Soundcollagen und Anne Leichtfuß hat den gesamten Originaltext der Winterreise in Leichte Sprache übertragen, wodurch neue Charakterzüge der „Winterreise“ sichtbar werden. Einer der Performer ist beispielsweise ausgebildeter Drehbuchschreiber, was ein sehr anderer Blick auf das Material ist als der einer klassisch ausgebildeten Sängerin oder eines klassischen Pianisten. So konnten wir Dinge entdecken, die wir unglaublich spannend finden. Und zu dieser neuen Erfahrung möchten wir alle Besucher*innen einladen.“Was bedeutet mixed-abled?
„Auf der Bühne stehen vier Menschen mit und ohne Behinderung und aus ganz unterschiedlichen Hintergründen. Performer*innen, Autor*innen, Musiker*innen mit klassischer Ausbildung. Es ist also ein Ensemble mit sehr vielen unterschiedlichen Fähigkeiten und das macht das Besondere und die Stärke dieses Abends aus. Weil diese Fähigkeiten und diese Welten, wie zum Beispiel Performance und Film, auf klassische Musik treffen. Gleichzeit haben uns Kolleg*innen mit Sehbehinderung während des gesamten Entstehungsprozesses des Abends begleitet. Dadurch konnte ein visueller Theaterabend entstehen, der auch für ein Publikum mit Sehbehinderung zugänglich ist.
“Was denkt ihr werden die Zuschauenden aus dem Abend mitnehmen?
„Ich glaube das Ensemble fände es schön, wenn die Zuschauer*innen einen Abend verbringen, nach dem sie sagen: „Wow, so habe ich die „Winterreise“ noch nicht gehört und gesehen. Ich habe neue Dinge gesehen, ich habe alte Dinge neu entdeckt.“ Genau das wollen wir. Dass die Menschen das Neue, Ungewohnte als Qualität sehen und als einen Gewinn. Das fänden wir schön.“
24 Hebel für die Welt – Berichte aus der „Winterreise“:
- Do. 10.10.2024, 19:30 Uhr (Köln-Premiere) Publikumsgespräch im Anschluss an die Vorstellung Gebärdensprachverdolmetschung
- Fr. 11.10.2024, 20 Uhr Gebärdensprachverdolmetschung
- Sa.12.10.2024, 20 Uhr
Barrierefreiheit:
Die Performance ist durch integrierte Beschreibungen und Audioebenen für Menschen mit Sehbehinderung zugänglich. Vorwissen über das Ausgangswerk „Winterreise“ oder klassische Musik ist für den Genuss des Abends 24 Hebel für die Welt nicht notwendig.
Am 10.10. & 11.10.2024 wird es eine Gebärdensprachverdolmetschung geben.
Zu einem möglichst barrierefreien Theaterbesuch gehört, dass ihr während der Vorstellung jederzeit den Theatersaal verlassen könnt. Außerdem stellen wir ein Kontingent von Sitzsäcken bereit. Sagt uns bei Bedarf vorher Bescheid: info@un-label.eu
- Tickets erhältlich im VVK: rausgegangen.de
- Reservierungen telefonisch unter 0221-952 27 08 & per E-Mail an info@orangerie-theater.de
- Ticketpreise: 19€ Standard | 12€ ermäßigt | 8€ knapp bei Kasse (exkl. Gebühren) nach Selbsteinschätzung, Assistenzpersonen erhalten freien Eintritt
- Ort: Orangerie Theater, Volksgartenstr. 25, 50677 Köln
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