Ich gebe es zu, meine Tastatur hat ein ganz klein wenig Staub angesetzt über die letzten Wochen. Ich habe meine Künstler- und Autorenseele einfach mal baumeln lassen, nachdem ich im ersten Halbjahr so viele tolle Momente und Konzerte erleben durfte. Das musste ich erstmal sacken lassen, vor allem, weil es jetzt Schlag auf Schlag weitergeht. Aber danke, dass ihr hier auf mich gewartet habt. Das ist ja nicht selbstverständlich.
Ein wunderbarer Spätsommer wird das, da glaube ich fest dran. Wenn ich aus dem Fenster in meinem kleinen Studio unter’m Dach schaue, glänzt die Sonne zuversichtlich in Richtung Herbst, und eben habe ich sogar die ersten Blätter fallen sehen. Zuversicht, das ist es wohl, was viele von uns – inklusive mir – aktuell gut brauchen können.
Wenn ich mir die Nachrichten reinziehe, wenn ich höre, was in meinem Umfeld alles passiert ist in den letzten Wochen, oder wenn ich mir die jüngsten Ereignisse aus Solingen anschaue, wird mir anders. Ich stehe selbst als Künstler im Fokus auf der Bühne. Alleine die Vorstellung, dass so eine furchtbare Tat wie in Solingen bei einem meiner Auftritte passieren könnte, lässt mich erstarren. Ich bin in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer und kann die unfassbar vielen Fragezeichen in meinem Kopf nicht ausblenden. Und doch gehöre ich zu den Leuten die denken: Jetzt erst recht!
Sicher ist: Es kommt auf uns alle an. Wir können gemeinsam etwas dafür tun, dass wir zufrieden und glücklich durch unsere Zeit kommen. Dazu gehört nicht nur wählen gehen – bitte! -, dazu gehört auch vielleicht hier und da mal ein Blick nach rechts und links. Wo und wem kann man helfen, welches Päckchen wird vielleicht leichter zu tragen, wenn einer mitträgt? Manchmal ist es auch nur das freundliche Grüßen, ein Lächeln oder eine ehrliche Wertschätzung. Das Schöne ist: Es kostet alles Nichts. Also keine Ausreden bitte. Den Blick vom Handydisplay in den Himmel oder die Gesichter unserer Mitmenschen. Einatmen, ausatmen, Leben spüren.
Foto: Felix Hanebeck
Ja, ich bin zuversichtlich und hoffnungsvoll, dass wir in diesem Herbst vielleicht wieder etwas näher zusammenrücken und eine gute Zeit gemeinsam haben. Was mich betrifft, natürlich am allerliebsten beim gemeinsamen Singen. Sei es bei meinem sage und schreibe 700. Freitagskonzert im Gaffel am Dom, bei den großen Jeck im Sunnesching-Festivals, oder natürlich meinem Jahreshighlight, der „Kölle singt“-Show in der Lanxess Arena. Wir können alle zusammen unsere gemeinsame Geschichte weiterschreiben, dann wird der Sommerstaub schnell verfliegen und zu Herbstgold werden.
„Su e wunderschön Jeföhl, kritt mer schnell, wenn mer nur will.“ (Wolfgang Anton)
In diesem Sinne, schreibst du mit?
Üre Björn